Entwurf einer Gemeinschaftsschule auf dem ehemaligen St. Jacobi-Friedhof in Berlin-Neukölln

Ausgangslage der freien Entwurfsaufgabe war zum einen die aktuelle gesamtstädtische Debatte um die zukünftige Nutzung von entwidmeten Friedhofsgrundstücken in Berlin sowie die Schulneubauten, die im Rahmen der Berliner Schulbauoffensive derzeit geplant werden. Grundlage des Entwurfs ist die Konzeptstudie der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE, die auf dem ehem. St. Jacobi in Amtshilfe eine Gemeinschaftsschule für ca. 1000 Kinder so wie auch rund 40.000 Quadratmeter BGF an gefördertem Wohnungsbau errichten soll. Die Konzeptstudie zusammen mit den „Leitlinien für Schulraumqualität“ der Senatsbildungsverwaltung und das aktualisierte Musterraumprogramm für Schulneubau waren maßgebende Planungsgrundlagen für den Entwurf. Ziel der Arbeit war es, anhand dieses realen Planungskontexts standortspezifisch zu entwerfen und dabei den funktionalistischen Ansatz des Howoge-Konzepts kritisch auf seine tatsächlichen Qualitäten zu überprüfen und zu transformieren.

Perspektive
Schnittperspektive MuFuTu

Das städtebauliche Konzept des Quartiers mit Wohnungsbau und Gemeinschaftsschule basiert auf einer weitreichenden Analysephase, in der wir uns intensiv mit dem Standort und den dort involvierten Akteuren auseinandergesetzt, Fallbeispiele zu innovativer Schularchitektur untersucht und Experteninterviews geführt haben, u.a. mit Schulleiter*innen von Berliner Schulen. Charakteristisch für den städtebaulichen Entwurf ist eine angemessene hohe Wohndichte, der Erhalt des charakteristischen Grünraums des Friedhofs, die Auflösung der Schule von einer Großform in einen Campus sowie ein fließender Stadtraum, der in den „Schul-Stadt-Platz“ mündet, der sowohl von der Schule als auch von den Anwohner*innen und der Stadtgesellschaft gemeinsam genutzt wird. Als zukunftsweisend zu verstehen ist hierbei die Abschaffung eines eingefriedeten Pausenhofs zugunsten eines integrativen Stadtquartiers mit der Schule als nachbarschaftlichem Bezugspunkt. Im Hinblick auf die Mobilität ist das Quartier autofrei geplant nach einem Shared-Space Prinzip, bietet jedoch barrierefreie Parkmöglichkeiten sowie automatisierte Fahrrad-Parkhäuser. 

Isometrie Bildungscampus
Städtebau Vergleich Howoge

Das Campus-Konzept für die Gemeinschaftsschule sieht vor, mit vier individuell entworfenen Gebäuden mit spezifischen Eigenschaften konzeptuell und räumlich auf die komplexen Anforderungen des Musterraumprogramms für die geplante Gemeinschaftsschule zu reagieren. Die Gebäude des Bildungscampus unterscheiden sich in ihrer Kubatur und Geschossigkeit und entsprechen den jeweiligen Ansprüchen ihrer Funktionen und Nutzer*innen. So gibt es ein Gebäude für die Primarstufe, eines für die Sekundarstufe, eine Sporthalle und ein „Mufutu – Multi-Funktions-Turm“ genanntes Gebäude, in dem alle Fachräume der Schule untergebracht sind. Im Vordergrund stand hier die Frage: Welche Bedürfnisse haben die verschiedenen Altersgruppen der Schüler*innen von der 1. – 13. Klasse im Hinblick auf Sicherheit, Selbständigkeit, Natur, Urbanität, Bewegung oder Interaktion mit der Öffentlichkeit?

Zentraler Aspekt des Entwurfs ist hierbei das Konzept des „Mufutu“, ein Hybrid aus öffentlichem Schulgebäude und Kulturzentrum. Die im Musterraumprogramm vorgesehenen Fachräume wie Werkstätten, Küchen oder Seminarräume bieten sich für eine Mitnutzung der Öffentlichkeit besonders an und finden im Entwurf ihren Platz in einem eigenen Gebäude. Kontinuierlich war es Ziel des Entwurfs einerseits einen pädagogisch wertvollen (Außen-)Raum, in dem sich Kinder aufgehoben fühlen und frei entfalten können und gleichzeitig ein nachbarschaftliches Stadtquartier zu entwerfen, in dem die Schule, besonders im Hinblick auf das Konzept der sozialräumlichen Öffnung, ein integrativer Bestandteil ist.  

Toolcards
With: Kim Gundlach, Lukas Söhner Hernando